Angewandte Präzisionsmedizin in der kardiometabolischen Prävention
Circa 8 Millionen Deutsche haben Diabetes mellitus, darunter 25% der Menschen im Alter über 60 Jahren, aber auch zunehmend junge Menschen.
Ansprechperson
Prof. Dr. Julia Szendrödi, PhD
Medizinische Klinik 1 – Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Stoffwechselerkrankungen u. klinische Chemie
Tel: +49 (0) 6221-5637260
Dr. Stefan Kopf
Zentrum für Innere Medizin, Medizinische Klinik 1 – Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Stoff-wechselerkrankungen u. Klinische Chemie, Universitätsklinikum Heidelberg
Tel: +49 (0) 6221 568605
Die WHO definiert Gesundheit über das Wohlbefinden und die Abwesenheit von Krankheiten. Diese krankheitsorientierte „Ausschlussdiagnose“ von Gesundheit wird jedoch der Entstehung von altersabhängigen Veränderungen der Herz-/Kreislauffunktion und des Glukosestoffwechsels nicht gerecht. Deren Verlauf wird durch die komplexe Interaktion von Genotyp/Phänotyp und Umwelt bestimmt. Beide Erkrankungsfelder (Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen) weisen auffällige Gemeinsamkeiten. So verstirbt einerseits die Mehrzahl der Menschen mit Diabetes an den Folgen von Herz-Kreislauferkrankungen, andererseits weisen mehr als 50 % aller Betroffenen mit akutem Herzinfarkt bereits Störungen des Glukosestoffwechsels (Prädiabetes oder manifesten Diabetes mellitus) auf. Diabetes mellitus Typ 2 ist die häufigste Stoffwechselerkrankung weltweit, welche das Risiko für Morbidität und Mortalität um das 2-4-fache erhöht. Neue Studien des Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD e.V.) und des Heidelberger SFB1118 „Reaktive Metabolite als Ursache Diabetischer Folgeschäden“ beschreiben Hochrisikogruppen des Diabetes (neue Subtypen), die sich schon bei der Erstdiagnose des Diabetes identifi¬zieren lassen. Der schwere insulinresistente Diabetes geht mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko und nicht-alkoholischer Fettlebererkrankung (NAFLD) einher. Hingegen ist der schwer insulindefiziente Diabetes häufig mit mikrovaskulären Schäden und Beeinträchtigung der Nerven verbunden. Diese Hochrisikogruppen grenzen sich von Subtypen mit mildem Verlauf des Diabetes ab.
Zielsetzung
Im Rahmen einer Studie unserer Partner in Tübingen wurde auch bei Prä-Diabetes eine Risiko-Subgruppe identifiziert, die zwar selten zu einem manifesten Diabetes mellitus voranschreitet, aber dennoch diabetes-typische Komplikationen entwickelt. Somit lässt die Einteilung in Subtypen den raschen Übergang von metabolisch-kardiovaskulärer Gesundheit zur kardio-metabolischen Krankheit erkennen.
So dass wir davon ausgehen müssen, dass viele Prozesse in unserem Stoffwechsel viel früher beginnen und die Manifestation von Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen nur Resultat dieser Prozesse sind und viel früher bekämpft werden müssen. Durch diese Erkenntnis wird es in der Diabetologie erstmals möglich sein, personalisierte, präventive und therapeutische Strategien abzuleiten, welche unsere Ziele sind:
- Identifikation von Mechanismen des Erhalts metabolischer Gesundheit.
- Identifikation von Subphänotypen mit spezifischem Risiko für metabolische Erkrankungen mit raschem Progress zur Entwicklung von Komplikationen (Deep metabolic phenotyping & liquid biopsy).
- Entwicklung von maßgeschneiderter Prävention und Therapie, im Sinne der Präzisionsmedizin und der Gendermedizin.
Vorgehensweise
Menschen mit Verdacht auf Stoffwechselstörungen können über unser Studienzentrum getestet werden auf das Vorhandensein eines Diabetes-Risikos oder bei einer bereits beginnenden Manifestation eines Prä-Diabetes oder Diabetes mellitus in unser Deep Metabolic Phenotyping Studienprogramm aufgenommen werden. Hierbei wird der Stoffwechsel der Leber, des Herz-Kreislaufsystems, des Fett- und Muskelgewebes, der Nerven, Nieren, Auge und Lunge genau untersucht. Durch verschiedene Tests und Laboruntersuchung (liquid biopsy) können Menschen dann entsprechend phänotypisiert werden und entsprechend ihrem Risiko an verschiedenen Interventionsprogrammen teilnehmen:
- Intermittierendes Fasten
- Sportintervention
- Metabolische Chirurgie
Kooperationen
In enger Kooperation mit Prof. Birkenfeld in Tübingen (Healthy Metabolism over the lifespan) wird versucht die Einflüsse des Metabolismus auf die Gesamtgesundheit und das Altern von Menschen besser zu verstehen. Nur wenn wir die frühen Störungen im Metabolismus lernen zu erkennen und zu verstehen, können wir präventive Maßnahmen – maßgeschneidert für die einzelne Person – anwenden.
(Zwischen-)Ergebnisse
Es zeichnet sich eine hohe Bereitschaft der Studienteilnahme ab, vor allem bei Patient:innen mit Prä-Diabetes besteht eine hohe Nachfrage nach einer Fasten-Internvention. Und die ersten Patient:innen, welche die Studie durchlaufen, zeigen auch ein Ansprechen mit Abnahme von Körpergewicht und Verbesserung des Stoffwechsels.